
Wie geht es eigentlich der Elbe?

11.04.2023 – Die Elbe gehört mit ihren fast 1.100 Kilometern zu den zehn längsten und bedeutendsten Flüssen Europas. Auch für Steinbeis Papier und dessen Standort Glückstadt hat der Strom eine zentrale Bedeutung. Grund genug für uns, einmal nach dem Zustand der Elbe zu fragen.
Ein Fluss – viele Facetten
Eine pauschale oder vollumfängliche Antwort auf die Frage nach dem ökologischen Gesundheitszustand des Flusses ist kaum möglich. Dafür gestaltet sich die Elbe von ihrer Quelle im tschechischen Riesengebirge bis zur Mündung in die Nordsee bei Cuxhaven zu vielfältig, sind die Ökosysteme auf den einzelnen Abschnitten zu unterschiedlich und das Umfeld von relativ unberührter Natur über landwirtschaftliche Nutzflächen bis hin zur Großstadt zu komplex.
Tiefpunkt und Erholung
Einige Fakten zu diesem Thema sind allerdings eindeutig und unstrittig, vor allem, was die Zusammenhänge mit zeitgeschichtlichen Entwicklungen angeht. Vor Beginn der Industrialisierung galt die Elbe als einer der fischreichsten Flüsse Europas. Noch um 1900 lagen die Erträge der Elbfischer mit rund 100 Kilogramm pro Hektar ungewöhnlich hoch. Eine Ursache dafür waren Wanderfische wie der Stör, deren damals bis zu drei Meter langen Exemplare zwischen dem Flusssystem und dem offenen Meer hin- und herpendelten. Allerdings verursachten erste Ausbaumaßnahmen im Fluss, Uferbefestigungen und die Beseitigung von Kiesbänken bereits im 19. Jahrhundert einen Rückgang der Bestände. Dramatisch verschlechterte sich der Zustand des Flusses dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Wiedervereinigung Deutschlands sorgten Hüttenindustrie, Bergbau und die Chemieindustrie vor allem in der ehemaligen DDR für eine extrem hohe Schadstoffbelastung und versetzten den Fluss in einen katastrophalen Zustand. Quecksilber, Cadmium, Chlorkohlenwasserstoffe und sogar das Supergift Dioxin verseuchten die Elbe. Wer seine Kindheit in den 1980er-Jahren in Elbnähe verbrachte, wird sich noch erinnern, dass die Eltern mehr als ein Planschen mit den Füßen in der „Giftbrühe“ – wie es damals hieß – strikt untersagten.

Seit Mitte der 2000er trauen sich Badende wieder ins Wasser. Die Fischbestände, zum Beispiel von Flunder, Scholle, Rapfen, Finten und selbst seltenen Arten wie Barbe, Hasel oder Aland kehrten zurück. Sogar Lachse wurden wieder gesichtet. Säugetiere wie der Elbebiber und Vogelarten von Kormoranen und Graureihern über Eisvögel bis hin zu Fischadlern nutzen die Ufer des Stroms aufs Neue als Lebensraum. Die selbst für Experten überraschend schnelle Genesung der Elbe wurde möglich durch den Zusammenbruch der oben genannten Industrien in Ostdeutschland, aber vor allem dank des sehr zügigen und effizienten Ausbaus der Kanalisationen und Kläranlagen nach 1990. Technische Fortschritte bei diesen Verfahren und strengere gesetzliche Auflagen zu Einleitungen in Gewässer für Industrie und Landwirtschaft trugen ihren Teil dazu bei, dass die Elbe sich vom Befund „ökologisch tot“ zumindest zu einem Patienten mit guten Heilungschancen entwickelte.

Altlasten bleiben – neue Sorgen kommen
Doch es lauern noch verborgenere Gefahren in den Sedimenten der Elbe und den Uferbereichen. Diese Sandschichten bilden quasi das Gedächtnis des Flusses und können unter Extrembedingungen große Mengen an Altlasten freisetzen. So geschehen während der Flutkatastrophe von 2002. Bei solchen Hochwassern werden zum Beispiel Schwermetalle aufgespült und abtransportiert. Diese Giftstoffe stammen teilweise noch aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch aus Industrieregionen wie Bitterfeld und sogar aus den Giftmülldeponien der ehemaligen DDR.
Insgesamt scheint sich nach den großen Erfolgsmeldungen vor 15 Jahren der Zustand der Elbe wieder ein wenig zum Schlechteren zu neigen. Hier spielt der Klimawandel eine wesentliche Rolle, denn heiße Sommer und niedrige Pegelstände der Elbe lösen eine höhere Algenbildung und damit einhergehend eine verminderte Sauerstoffsättigung des Flusses aus. Regional kam es, wie im Raum Hamburg im Sommer 2022, deshalb schon zu einem deutlich vermehrten Fischsterben. Umweltschutzverbände machen dafür auch die umstrittene Elbvertiefung verantwortlich bzw. die Maßnahmen, die in den sommerlichen Verhältnissen eine Verschlickung der Elbfahrrine verhindern sollen und durch das Aufwühlen der Sandschichten die Sauerstoffsituation weiter dramatisieren.
Die Stabilisierung der Elbe als intaktes Ökosystem trotz ihrer Nutzung als Ablauf für Landwirtschaft und Industrie, als Verkehrsweg sowie aller Begradigungs-, Vertiefungs- und Bebauungsmaßnahmen bleibt eine gigantische Herausforderung. Insbesondere, da sich Deutschland der EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet hat. Diese fordert, auch für die Elbe, ein weitgehend natürliches Vorkommen von Pflanzen und Fischen, die Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen für alle Lebewesen, sanierte, naturnahe und naturbelassene Uferzonen sowie Schadstoffkonzentrationen innerhalb der Grenzwerte. Hier gibt es für die Verantwortlichen also noch einiges zu tun, um die geforderten Werte zu erreichen, die von den derzeitigen deutlich abweichen. Und die Uhr tickt – 2027 endet die Frist für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Steinbeis leistet einen Beitrag
Steinbeis Papier betreibt eine eigene vollbiologische Kläranlage, mit der das Wasser des Unternehmens auf dem heutigen Stand der Technik gereinigt wird. Bei dem Prozess wird von der Elbe zunächst sogenanntes Rohwasser (Oberflächenwasser) abgeschöpft und der Papierfabrik leicht aufbereitet als Betriebswasser zur Verfügung gestellt. Steinbeis Papier hat an jeder Papiermaschine und Altpapierverarbeitung kleine Wasseraufbereitungen, die belastetes Prozesswasser für die Produktion wiederverwendbar machen. In der Kläranlage landet dann nur jenes Wasser, das sich definitiv nicht mehr benutzen lässt. Dieses Wasser wird in der werkseigenen Kläranlage so aufbereitet, dass es mit ausreichender Sauerstoffsättigung wieder der Elbe zugeführt werden kann. Mehr Informationen zur Anlage und zu ihrer Funktionsweise finden Sie im Artikel „Zwei Millionen Mitarbeiter für sauberes Wasser“.
So leistet Steinbeis einen kleinen Beitrag für den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser und das ökologische Gleichgewicht in der Elbe mit der Hoffnung, dass diese hoffentlich niemals wieder als „Giftbrühe“ bezeichnet werden muss.
Titelbild: Iaroslav Zhukov/Unsplash