Ökologie & Gesellschaft

Nachhaltigen Unternehmen gehört die Zukunft

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19.10.2018 - Ursprünglich kommt der Nachhaltigkeitsbegriff aus der Forstwirtschaft: Möchte man einen Wald erhalten, sollte nur so viel Holz geschlagen werden, wie auch wieder nachwachsen kann. Somit bedeutet Nachhaltigkeit eine Entwicklung unter dauerhaft nachhaltigen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten, die die Bedürfnisse heutiger und zukünftiger Generationen befriedigt, dabei aber die Belastbarkeitsgrenze der Erde nicht aus den Augen verliert. Nachhaltige Produktion setzt voraus, dass die Produkte unter menschen-, tier-, und umweltfreundlichen Verfahren hergestellt werden.

Noch nie waren Unternehmen so sehr gefordert, nachhaltig und effizient zu produzieren, einerseits aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit, andererseits aus Wirtschaftlichkeit, denn je ressourcenorientierter und energieeffizienter ein Unternehmen arbeitet, desto profitabler wird es.

Zahlreiche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz absolut lohnen, denn der Ruf eines Unternehmens hängt heutzutage mehr denn je von seinem Innovationsstreben und Bemühungen um Nachhaltigkeit ab. Wenn man die zukünftige Ressourcenknappheit berücksichtigt, profitieren nachhaltig agierende Unternehmen nicht nur imagemäßig von ihrem Handeln, sie werden zukünftig auch ganz klar im Vorteil sein gegenüber denjenigen Unternehmen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit noch verschließen.

Warum Wissen nicht gleich Handeln ist

Immerhin stimmen fast 60 Prozent der Deutschen mit der Aussage überein, dass die Umwelt nur dann auf lange Sicht geschützt werden kann, wenn alle ein ressourcenschonendes Konsumverhalten zeigen. Laut Studien des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein im Zeitraum von 1996 bis 2014 fand ein allmählicher, langsam verlaufender Bewusstseinswandel in der Gesellschaft statt, die eine Offenheit gegenüber nachhaltigem Konsum zur Folge hat. Im Jahr 2018 wünschen sich immer mehr Verbraucher „grüne Produkte“ und der Wille zum Umstieg auf ressourcenschonende, umweltfreundliche Alternativen ist deutlich zu erkennen.

Dennoch lässt sich ein Mind-Behaviour-Gap feststellen, denn das Bewusstsein um ökologisch richtiges Handeln führt nicht zwangsläufig zu dessen Umsetzung auf Seiten der Verbraucher. Nachhaltigkeit ja – dies sollte aber keinen Verzicht darstellen, sondern einen persönlichen Mehrwert, sowie gleichzeitig Kosten einsparen. Denn Sparsamkeit und Verzicht haben immer noch ein „Negativimage“, auch im sozialen Umfeld der Verbraucher. Auch die Beschaffungswege nachhaltiger Produkte sind oft länger und komplizierter für die Konsumenten, so dass der Aufwand nicht im Verhältnis zum persönlichen Nutzen steht.

Ein weiteres Problem: Viele Verbraucher sind nur unzureichend informiert, wenn es um nachhaltige Verhaltensweisen im Alltag geht. Mülltrennung ja, Bioprodukte auch gerne, aber wenn es um den eigenen Komfort und massive Zeitersparnis geht, wird es schwieriger. Wie lässt es sich erklären, dass Verbraucher, die sonst stark an Umweltthemen interessiert sind, regelmäßig kurze und weite Strecken per Flugzeug zurücklegen? Studien legen hier nahe, dass der Rebound-Effekt mit steigendem Einkommen und höherer Bildung zunimmt und der ökologische Fußabdruck deutlich negativer ausfällt, wenn man zu den Besserverdienern gehört.

Warum Unternehmen keine leeren Versprechungen machen sollten

Verbraucher für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren liegt auch in der Verantwortung der Wirtschaft, bisherige Ansätze von Unternehmerseite wurden vom Markt aber noch nicht ausreichend belohnt, was auch daran liegt, dass die meisten Dialoge über Nachhaltigkeit nicht an die Bedürfnisse der Verbraucher anknüpfen können.

Zudem herrscht Unklarheit bei den Verbrauchern darüber, welche Produkte und Dienstleistungen denn wirklich umwelt- und sozialverträglich hergestellt wurden. Damit nachhaltiger Konsum möglich wird, ist es wichtig, dass die Entscheidungsmöglichkeiten für die Konsumenten überschaubar bleiben und kein „information overload“ entsteht. Bestimmte Anreizsysteme oder inhaltlich begründete Auswahlmöglichkeiten (Mindestanforderungen für Produkte) erleichtern es den Konsumenten, sich für ein nachhaltiges Produkt zu entscheiden. Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie wird dies bereits erfolgreich umgesetzt.

Auch anhand von Siegeln und Zertifikaten können Unternehmen Vertrauen beim Kunden aufbauen, denn mit der Signaling-Methode werden positive Informationen gebündelt und die Konsumenten durch die Fülle an Informationen nicht verwirrt – dies steigert die Glaubwürdigkeit der Produzenten und kennzeichnet die Nachhaltigkeit der Produkte. Auf Websites wie zum Beispiel www.siegelklarheit.de können Verbraucher sich darüber informieren, welche Kriterien bei den Siegeln herangezogen werden. Dabei ist Authentizität enorm wichtig, denn Kennzeichnungen und Stempel bringen nicht viel, wenn sie nichts weiter aussagen und sich als leere Versprechungen herausstellen.

Anstupsen oder zwingen?

Die Grenzen des Wachstums sind endlich und dass es Zeit für einen Paradigmenwechsel ist, zeigen uns spätestens Studien wie der Weltklimabericht 2018 oder der Waldbericht 2018. Themen wie Erderwärmung, Ressourcenknappheit und Verschwendung haben, wie die Berichte zeigen, eine ganz neue Stufe der Dringlichkeit erreicht. Schlagworte wie Erneuerbare Energien, Einsparung und Effizienz bestimmen politische und wirtschaftliche Regulationen. Ein ökologisches Wachstums- und Produktivitätsdenken hat aber noch längst nicht alle Hersteller und Branchen erreicht.

Auch der Konsument muss mit Hilfe von Politik und Wirtschaft mehr Möglichkeiten bekommen, sich in einer nachhaltigen Konsumkette zu bewegen und aus dieser nicht auszuscheren. Denn auch wenn das Bewusstsein bei den Verbrauchern bereits vorhanden ist, fehlt es an nachhaltigen Handlungsmöglichkeiten. Das Konzept des „Nudging“ zum Beispiel, bei dem Verbraucher ohne Ver- oder Gebote von Politik und Wirtschaft in die richtige Richtung gelenkt werden sollen, ist stark umstritten. Die Forderung nach geschlossenen, ökologisch nachhaltigen Konsumketten wird immer dringlicher. Ein geschlossenes Verwertungskonzept zum Beispiel – wie erfolgreich von Steinbeis realisiert – das auf einem Kreislaufwirtschaftsmodell basiert, könnte Eingang in verschiedenste Branchen finden. So gibt es für Hersteller und Verbraucher nur eine Alternative – und diese ist nachhaltig.

Green Marketing generiert Likes

In erster Linie sollten Unternehmen, die sich in puncto Nachhaltigkeit noch verbessern möchten, erst einmal ehrlich Bilanz ziehen – für sich und für ihre Kunden. Es gilt für sie herauszuarbeiten, wo sie noch Ressourcen einsparen und nachhaltige Alternativen und Wege wählen können. Transparenz ist unabdingbar, vor allem, wenn es darum geht, den Kunden zu zeigen, woher zum Beispiel ihre Rohstoffe bezogen werden.

Nachhaltigkeit sollte ein fester Bestandteil der heutigen Kommunikationsstrategie sein. Unternehmen können hier eine Vorreiterrolle übernehmen, zum „Trendsetter“ werden und als Botschafter für nachhaltigen Konsum handeln. Das müssen sie auch, um sich den veränderten Bedürfnissen der Kundschaft anzupassen. Es ist auch Aufgabe der Unternehmen, Kunden zudem den Nutzen eines nachhaltigen Produktes deutlich zu machen. Verantwortungsbewusster Konsum sollte zum Kaufargument per se werden.

Für Marketingbestrebungen der Unternehmen heißt das konkret: weniger Zahlen und Statistiken, mehr Emotionen. Lifestyle bedeutet nicht mehr zwangsläufig, viel zu besitzen – besonders hohes Identifikationspotential und das Gefühl, dazuzugehören sind wichtiger geworden, sei es durch sog. Blogger und Influencer oder die Community in Social-Media-Kanälen, die von Likes und Comments lebt. Der Konsument wird immer mehr zum Prosumenten, er möchte miteinbezogen werden, Mitspracherecht haben und durch seine social media-Aktivitäten auch Einfluss generieren können. Crossmediales Marketing ist also schon längst keine Zukunftsmusik mehr: Marketing, wie man es bisher kannte, ist heute unzureichend. Kunden müssen auf verschiedensten Wegen angesprochen werden (Social-Media-Kanäle wie Instagram, Facebook, YouTube, Live Events, PoS-Werbung, Firmenwebsite). Somit wird auch den Kunden deutlich gemacht, dass das Unternehmen kreativ und offen für neue Ansätze ist.

Eine unkonventionelle Partnerschaft

Was kann es der Umwelt nützen, wenn eine Naturschutzorganisation und ein Unternehmen wie zum Beispiel Edeka und WWF kooperieren? Dieser Frage gingen Wissenschaftler im Auftrag des Umweltbundesamtes nach. Dabei stellte sich heraus, dass Partnerschaften, die nicht nur auf einzelne Produkte, sondern auf ganze Geschäftsbereiche des Unternehmens abzielen, das größte Potential für eine nachhaltige Wirtschaftsweise besitzen. Transparenz, klare, festgelegte Zielsetzungen, unabhängige Kontrollen und Veröffentlichung der Ergebnisse für die Käufer sind dabei Grundvoraussetzungen. Die Partnerschaft kann auch transformative Effekte bewirken, da sie neue Impulse setzen kann, die über die Partnerschaft hinausgehen.

Das gesellschaftliche, mediale und politische Interesse an Nachhaltigkeits-kampagnen wie die der IPR, bei dem CEOs führender Unternehmen Farbe bekennen und sich für den Einsatz von Recyclingpapier und Ressourcenschutz stark machen oder der Corporate Social-Responsibility-Preis der Bundesregierung – alle Bemühungen auch von Seiten öffentlicher Institutionen, Verbände, und auch pädagogischen Einrichtungen sind unerlässlich, wenn es um die Verbreitung von Informationen geht. Dass der „Social Value“ heute bei der Bewertung von Unternehmen eine wichtige Rolle spielt, zeigt das Siegel „Deutschlands wertvollste Unternehmen“, vergeben von der Top Money Marke ‚Deutschland Test‘. Steinbeis gehört zu den ausgezeichneten 300 Unternehmen mit dem besten Social Value Score.

Für Nachhaltigkeit ist es nie zu früh. Sie sollte bereits im Kindergarten beginnen und sich in der Erziehungs- und Bildungsarbeit bis in die Universitäten fortsetzen. Verschiedene Modellprojekte in dieser Richtung erwiesen sich bereits als erfolgsversprechend und finden immer mehr Eingang im öffentlichen Raum.

Warum Unsicherheit dazugehört

So wie bei allen Transformationsprozessen ist das Hinterfragen und Verändern des eigenen Tuns fast immer mit großer Unsicherheit, Hemmnissen und strukturellen Schwierigkeiten verbunden, bei den Unternehmen sowie bei den Verbrauchern selbst. Dabei gilt es unkonventionelle Wege zu beschreiten und sich in eine Vorreiterrolle zu begeben, auch wenn die Bemühungen erst später Früchte tragen werden. Oder wie es Harald Welzer treffend beschreibt:

„Soziale Transformationen sind ungleichzeitig; zunächst werden die sogenannten „first movers“ als Spinner betrachtet, dann als Avantgarde, dann als Vorbilder. Man braucht daher keine Mehrheiten, um Gesellschaften zu verändern…. Drei bis fünf Prozent der Bevölkerung reichen … um einen tiefgreifenden und nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel in Gang zu setzen.“

 

Titelbild:  iStockphoto

 

Autorin: Sandra Staub
Co-Autorin: Sinem Scheuerer
 


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