Ökologie & Gesellschaft

Woodstock in Grün – so plane ich einen nachhaltigen Festivalbesuch

Mehrtägige Festivals mit riesigen Sound- und Lichtanlagen verbrauchen so viel Energie wie eine Kleinstadt. Idealerweise stammt dieser Strom aus regenerativen Quellen wie Wind, Sonne und Wasser. Fotos: Wendy Wei/Pexels, Lisa Fotios/Pexels

23.05.2023 – Nach Corona sind auch die großen Musikfestivals zurück. Für viele Fans von Live-Auftritten und dem ungezwungenen Open-Air-Leben im Geiste von Woodstock gehört der Besuch mindestens einer solchen Großveranstaltung im Sommer dazu. Wir zeigen, wie sich der Festival-Lifestyle nachhaltig gestalten lässt. 

 

Nach dem Abzug der Massen sieht so mancher Festivalplatz aus wie eine Müllkippe. Leere (Bier-)Dosen, achtlos weggeworfene Plastik-Ponchos und Campingzubehör bleiben zurück. Sogar überzeugte Umweltschützer und Nachhaltigkeits-Enthusiasten werfen auf einem Open-Air-Festival alle Grundsätze über Bord – es geht halt nicht anders, lautet dabei oft die Ausrede. Dabei lässt sich selbst das wildeste Rockfestival ressourcenschonend, müllvermeidend und mit kritischem Blick auf den CO2-Ausstoß gestalten.

Wahl des Festivals

Auf einige Faktoren hat man als Festivalteilnehmer vermeintlich wenig Einfluss, die Rahmenbedingungen legt der Veranstalter fest. Deshalb sollten Sie sich als Besucher schon vorab informieren, wie wichtig die Verantwortlichen das Thema Nachhaltigkeit nehmen und auf welche Maßnahmen sie setzen. So können Sie zum Beispiel hinterfragen, ob das Veranstaltungsmanagement umweltverträgliche Materialien wie Recyclingpapier, Bioplastik, biologisch abbaubare Materialien und nachhaltig produziertes Holz verwendet. Ein durchdachtes Abfallmanagement kann dazu beitragen, die Menge an Abfall auf Festivals zu reduzieren und den anfallenden Müll in Trennungssystemen zu sammeln und anschließend den geeigneten Recyclingmaßnahmen zu übergeben. Die Veranstalter sollten erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie nutzen, um den CO2-Fußabdruck des Festivals zu reduzieren.

In Sachen Catering deuten biologisch angebaute Lebensmittel und lokale Produkte sowie vegetarische und vegane Optionen auf eine ambitionierte Herangehensweise des Ausrichters hin. Auch Informationsbereiche während der Veranstaltung sowie Hinweise auf den Tickets oder der Website, die über nachhaltiges Vorgehen informieren und die Konzertbesucher zu ebensolchem Verhalten aufrufen, sind deutliche Zeichen der Festival-Organisatoren, die auf eine umweltbewusste Herangehensweise setzen.

Es gibt Festivals, die sich den Umweltaspekt ausdrücklich auf die Fahne schreiben und ihre nachhaltigen Vorgehensweisen nach außen kommunizieren. Dazu gehört zum Beispiel das Greenfield Festival in der Schweiz. Es setzt erneuerbare Energien ein, verfügt über ein ausgeklügeltes Abfallmanagement und bietet lokale, saisonale und biologische Lebensmittel an. Auch das Roskilde Festival in Dänemark hat einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Dessen Veranstalter betreiben ihre eigene Biogasanlage und produzieren damit Strom und Wärme, recyceln Abfall und arbeiten mit lokalen Bauern und Lebensmittelherstellern zusammen. Ein weiteres für seine nachhaltige Ausrichtung bekanntes Event ist das Boom Festival in Portugal. Dort kommen Solarenergie und ein eigenes Abwassersystem zum Einsatz. Für die Verpflegung stehen vegetarische und vegane Optionen zur Auswahl, und es gibt umweltbildende Infobereiche für die Besucher. Ähnliche Konzepte setzt auch das Melt Festival in Deutschland um, das ein umfangreiches Recyclingprogramm betreibt.

Gute Verpflegung ist ein wichtiger Bestandteil eines mehrtägigen Events. Auch hier lassen sich (Plastik-)Müll und CO₂ -Ausstoß vermeiden bzw. reduzieren. Fotos: Kampus Production/Pexels, Rodnae Productions/Pexels

An- und Abreise

Die nachhaltigste Möglichkeit der An- und Abreise zu einem Festival sind öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad. Diese Optionen lassen sich allerdings in den seltensten Fällen nutzen, da die Veranstaltungsorte oft weitab der Städte liegen und einiges an Ausrüstung und Gepäck für den Camping-Aufenthalt benötigt wird. Wenn sich die Anreise per Auto also partout nicht vermeiden lässt, sind Fahrgemeinschaften und/oder die Nutzung von Elektrofahrzeugen die richtige Wahl. Viele Festivals bieten – oftmals im Ticketpreis enthalten – auch die Nutzung von Shuttle-Bussen oder Zügen an. 

Unterkunft & Aufenthalt

Viele Ideen, die im nachhaltigen Camping zur Anwendung kommen, haben auch schon ihren Weg in die Festivalszene gefunden. Zeltplätze mit Kompost-Toiletten oder Duschen mit Regenwasser sind solche Impulse. Der größte Feind des Campers wie des Festivalbesuchers ist der Regen. Zum Schutz vor Niederschlägen galt bei Open-Air-Enthusiasten lange ein günstiger Wegwerf-Poncho aus Polyester als erste Wahl – für die Natur natürlich eine katastrophale Entscheidung. Wenn schon eine Polyester-Lösung, dann doch bitte eine hochwertige Outdoor-Jacke, die lange getragen werden kann, wenn möglich aus bereits recyceltem Polyester. Selbst ein leicht transportabler Wegwerf-Poncho wird heute aus Maisstärke oder anderen biologisch abbaubaren Kunststoffen angeboten. Ähnliches gilt für Sitzkissen oder die unvermeidlichen Isomatten. Es gibt auch diese bereits aus natürlichen Materialien wie Wolle, Filz, Baumwolle, Kokosnussschalen oder Hanf bzw. aus recycelten oder biologisch abbaubaren Kunststoffen. 

Verpflegung 

Einweggeschirr – selbst wenn es aus natürlich abbaubarem Material besteht – ist nie eine gute Idee, wurde doch Energie für Produktion und Transport aufgewendet. Wiederverwendbare Teller, Tassen und Besteck sind also Pflicht auf dem Event. Wer das Essen nicht selbst zubereitet, sondern an einem Stand kauft, sollte nach Anbietern schauen, die nachhaltige Optionen anbieten wie vegetarische oder vegane Mahlzeiten aus lokalen und saisonalen Produkten. Auch wiederverwendbare Wasserflaschen sind ein Muss, um Plastikflaschen zu vermeiden.

 

Getränke

Vor allem alkoholische Getränke werden oft über große Distanzen transportiert. Wählen Sie nach Möglichkeit Biere und Weine aus lokaler Produktion, um den CO2-Fußabdruck gering zu halten. Auch hier lässt sich wieder darauf achten, ob die Hersteller umweltfreundliche Praktiken umsetzen, wie die Verwendung von erneuerbaren Energien oder den Einsatz von recycelten Materialien für ihre Verpackungen. Über Einweg-Plastikbecher muss hier wohl nichts mehr geschrieben werden, sie sind ein No-Go. Wer kein eigenes Trinkgefäß mitbringt, kann auf den meisten Festivals einen Pfandbecher erwerben, der nach der Veranstaltung zurückgegeben werden kann.

Mülltrennung

Einer der wichtigsten Aspekte, um den Festival-Aufenthalt nachhaltig zu gestalten, ist eine korrekte Mülltrennung. Der Abfall sollte nach Materialien wie Papier, Plastik, Glas oder organischen Resten sortiert und in den entsprechenden Containern entsorgt werden. Gibt es auf dem Festival keine Mülltrennung, haben Sie idealerweise einen eigenen Müllbeutel dabei und nehmen ihn mit nach Hause, um den Inhalt dort korrekt zu entsorgen.

Soziale Verantwortung

Open-Air-Festivals bieten eine großartige Möglichkeit, um mit Gleichgesinnten ein gemeinschaftliches und friedvolles Event zu feiern. Oft treten auf diesen Veranstaltungen auch Wohltätigkeitsorganisationen auf, die Spenden sammeln, und natürlich lässt sich auf diese Weise noch ein zusätzlicher Beitrag leisten. Aber auch mit kleinen Gesten der Eigeninitiative kann jeder zu diesem sozialen Nachhaltigkeitsaspekt beitragen. Wer beispielsweise ein wenig Müll aufsammelt oder auf Menschen aufpasst, die zu viel getrunken haben, macht zumindest diese Festivals zu einem besseren Ort. In Fragen der Nachhaltigkeit zählt jede Aktion, und auch kleine Veränderungen zum Positiven können große Auswirkungen haben. 

 


Titelbild: George Webster/Pexels

 


Autor/-in

Jan Strahl

Jan Strahl hat seit seinem Redaktionsvolontariat in Hamburg für nahezu alle großen und kleinen Verlage der Stadt als Journalist, Redakteur oder Autor gearbeitet. Er schreibt für Publikumsmedien und Corporate Publishing Publikationen über Kunst, Fashion, Lifestyle oder Wissensthemen.

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