Unternehmen

Neuer Dirigent für das Steinbeis-Orchester

Hohe Kompetenz und Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie leistungsstarke Produktionsanlagen gewährleisten ein Qualitätsprodukt im Ergebnis: Recyclingpapier aus 100 Prozent Altpapier. Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier

06.09.2022 – Steinbeis Papier befindet sich mitten in einer Transformationsphase. Neue Produkte und ein groß angelegtes Investitionsprojekt, das bereits 2023 realisiert werden soll. All diese Vorhaben treibt auch Andreas Rauscher voran, der als technischer Geschäftsführer vor einem halben Jahr beim Recyclingpapierhersteller in Glückstadt gestartet ist. Im Interview verrät der 56-jährige zweifache Familienvater unter anderem, warum Teamwork für ihn ein entscheidendes Erfolgskriterium ist und welche Nachhaltigkeitsagenda er nicht nur für Steinbeis Papier vorsieht, sondern auch ganz persönlich verfolgt.

 

Sie sind jetzt ein halbes Jahr bei Steinbeis Papier. Welche Eindrücke konnten Sie bisher im Unternehmen gewinnen? 

Es sind immer die Menschen, die in einem Unternehmen den Unterschied machen. Ich begegne hier bei Steinbeis Papier motivierten und engagierten Menschen mit einem hohen Maß an Kompetenz. Und das versteht man über das Werksgelände hinaus. Steinbeis Papier ist ein Unternehmen mit einem hohen regionalen und überregionalen Bekanntheitsgrad, das viel Ansehen genießt. Die Reputation kommt daher, dass hier seit mehr als fünf Jahrzehnten hochwertige grafische Papiere auf Basis des Rohstoffs Altpapier entstehen. Und die Qualität der Produkte, die wir herstellen, die ist schon ganz eindeutig etwas Besonderes. Was ich hier auch erlebe, ist ein starker Fokus auf Kosten und ein hohes Effizienzbewusstsein gerade bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das ist nicht so selbstverständlich. 

 

Sie waren zuvor in Österreich beschäftigt. Was hat Sie bewogen, in den hohen Norden zu Steinbeis Papier zu gehen?  

Das ist in Wahrheit ein Katzensprung. Das sind gerade mal 1000 Kilometer Entfernung von meiner Heimat. Ich habe schon in Finnland gearbeitet, da waren es über 3000 Kilometer. Meine tatsächlichen Beweggründe sind die Reputation und der Charakter eines mittelständischen Unternehmens. In der Steinbeis Gruppe ist Steinbeis Papier eine sehr gewichtige und bedeutsame Unternehmung. Und typischerweise hat man in mittelständischen Unternehmen recht vielfältige Möglichkeiten zu gestalten. In größeren Industrieunternehmen findet man Strukturen vor, da macht man die Produktpolitik oftmals an einem ganz anderen Ort – weit weg von der Produktion. Hier bei Steinbeis Papier haben wir alles an einem Ort. Hier kann ich mich einbringen, hier habe ich Gestaltungsmöglichkeiten, hier kann ich mit Menschen etwas bewegen.

 

Inwiefern unterscheidet sich Steinbeis Papier von anderen Papierherstellern?

Ich bin schon mehr als drei Jahrzehnte in der Branche. Ein Alleinstellungsmerkmal von Steinbeis Papier ist die Motivation der Menschen. Das fängt bei den Eigentümerfamilien an. Sie zeigen großes Interesse an diesem Unternehmen und seiner Weiterentwicklung. Die junge Nachfolgegeneration bringt sich auch schon mit ein und absolviert unter anderem Praktika, um das Unternehmen, die Menschen hier und die Philosophie noch besser kennenzulernen. Das ist schon beeindruckend. Und natürlich sind es die Mitarbeitenden, die mit Leib und Seele und Herzblut dabei sind und für das Unternehmen einstehen. Sie bringen ein hohes Maß an Know-how mit, was im Kern den Erfolg von Steinbeis Papier ausmacht.

 

Die Nutzung von Recyclingpapier bedeutet, den Rohstoff Holz und damit auch den Wald zu schützen. Geschäftsführer Andreas Rauscher verfolgt dahingehend auch ganz persönliche Unternehmungen. Foto: Pok Rie/Pexels

Wie sieht die Arbeitsteilung mit dem langjährigen Steinbeis-Papier-Geschäftsführer Ulrich Feuersinger aus?

Um die kaufmännischen Angelegenheiten kümmert sich Herr Feuersinger, und ich bin für alle technischen Belange zuständig. Wobei ich sagen muss, dass ein Unternehmen nur erfolgreich sein kann, wenn die Geschäftsführung Hand in Hand geht. Zunächst einmal geht es bei jedem Unternehmen darum, dass man für Kundinnen und Kunden einen Mehrwert schafft. Das erreichen wir mit einem qualitativ hochwertigen Produkt und einem zuverlässigen Service. Und das kann nur im Team gemeistert werden. Ich will und werde meinen Beitrag dazu leisten, dass das auch in Zukunft so funktioniert. Herr Feuersinger und ich haben schnell festgestellt, dass die Chemie stimmt. Im Bedarfsfall kann der eine für den anderen eine Entscheidung treffen. Und der jeweils andere trägt sie mit. Mehr kann man sich nicht wünschen. Dieser Einklang macht es aus. 

 

Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag?

Mein Tag startet um acht Uhr – ich bin kein notorischer Frühaufsteher – und endet ungefähr um 19 Uhr. In dieser Zeit finden Tagesbesprechungen, Wochenbesprechungen und Abstimmungen in engen Abfolgen statt. Hinzu kommen operative und spontane Aufgaben. Und dann gibt es den Part, bei dem ich selber zum Nachdenken komme, reflektiere und versuche, eigene Strategien zu entwickeln. Ich glaube, dass es immer eine Herausforderung für jede Führungskraft ist, sich genügend Zeit zum Nachdenken zu verschaffen.

 

Wo liegen denn noch Herausforderungen in der Position des Geschäftsführers?

Eine Geschäftsführung – sei es nun technisch oder kaufmännisch – ist verantwortlich dafür, dass das Unternehmen geschäftlich erfolgreich ist. Die Herausforderung ist es, die großen, langfristigen Themen im Blick zu haben, ohne gleichzeitig die operativen Themen aus dem Auge zu verlieren. Als Metapher für einen Geschäftsführer verwende ich immer ganz gern den Dirigenten. Die Orchesterbesetzung und -aufstellung müssen richtig sein. Takt und Tempo passen perfekt. Als Dirigent muss man in der Lage sein, die Musikerinnen und Musiker mit ihren Instrumenten dann in einen optimalen Gesamtklang zu bringen, sodass das Ergebnis dem Auditorium gefällt. Und von Aufführung zu Aufführung wird das Orchester immer ein bisschen besser. Ein Dirigent beherrscht zu keiner Zeit oder an keiner Stelle das Instrument besser als die jeweilige Musikerin oder der jeweilige Musiker. Aber er sollte schon in der Lage sein, das Potenzial jeder und jedes Einzelnen zu erkennen und weiterzuentwickeln.

 

Haben Sie eine Agenda für Ihr Orchester, also für Steinbeis Papier, entwickelt?

Dinge verändern sich. Wir haben begonnen, gewisse Stellschrauben anzusetzen und zu überlegen, wie man Geschäftsprozesse und interne Abläufe besser machen kann. Besser heißt für mich, es wird mit weniger Aufwand gearbeitet, es gibt weniger Umstände, man kann schneller arbeiten, und es kommt ein besseres Ergebnis zustande. Wir sind gerade dabei, einen neuen Prozess aufzusetzen. Dazu erarbeiten wir Szenarien, wo Steinbeis Papier angesichts ständig verändernder Rahmenbedingungen in fünf oder zehn Jahren stehen könnte. 

 

Wie geht es denn weiter bei Steinbeis Papier? 

Wir sind eine Fabrik für grafische Recyclingpapiere. Und trotz abnehmender Nachfrage geben wir unseren Kundinnen und Kunden die Gewissheit, dass wir zu unseren Produkten stehen. Papier wird nicht verschwinden, aber der Bedarf hat sich verändert. Naturgemäß wollen wir uns weiterentwickeln und wachsen. Das gelingt uns mit neuen Produkten wie unserem Etikettenpapier aus 100 Prozent Altpapier. Doch diese Innovationen sehen wir nicht als Ersatz, sondern im besten Fall als Alternative und als weiteres Standbein neben unseren grafischen Papieren. Einerseits haben wir die Innovationsfähigkeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Mut, Engagement und Kompetenz neue Denkanstöße und Ideen liefern. Andererseits ermöglicht die Infrastruktur bei Steinbeis Papier mit seinen Anlagen, dass wir diese Ideen auch realisieren können.

 

Inwiefern muss sich Steinbeis Papier noch weiter transformieren?

In Sachen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft setzen wir eine Benchmark. Derzeit arbeiten wir an einem Investitionsprojekt: Mit einem Sondersortenstrang wollen wir neue Papiersorten einsetzen, die bisher den Recyclingprozessen bei Steinbeis Papier nicht zugänglich waren. Dieser wird bereits 2023 in Betrieb gehen. Das ist ein Projekt, das so innovativ ist, dass es auch durch das Bundesumweltministerium gefördert wird. Nicht zuletzt ausgelöst durch die geopolitische Entwicklung sind Energieverfügbarkeit und Kosten weitere Themen, die uns intensiv beschäftigen. Wir sind heute schon in der Lage, im Ernstfall ohne Erdgas zu fahren. Stillstand ist Rückschritt. Wir müssen uns immer weiterentwickeln, um Kundinnen und Kunden zufriedenzustellen. Die entwickeln sich nämlich auch weiter und stellen immer neue Anforderungen an unsere Produkte.

Wo sehen Sie die Zukunft des Papiers? 

Papier wird nicht verschwinden. Aber Papier wird sich verändern. Ich bin überzeugt davon, dass wir bei Steinbeis Papier an diesem Produkt festhalten und etwaige neue Einsatzbereiche erschließen werden. Wenn ich beispielsweise an Verpackungspapier denke – und ich spreche nicht von den braunen –, also weiße Verpackungspapiere, dann bieten sich noch so viele Möglichkeiten.

 

Steinbeis Papier steht für Nachhaltigkeit – welche Nachhaltigkeitsagenda verfolgen Sie ganz persönlich?

Meine Frau und ich pflegen und bewirtschaften ein kleines Wäldchen. Und das passiert schon seit vielen Generationen. Nachhaltigkeit heißt, dass man nicht mehr nimmt als nachkommt oder nachwächst. Ich habe jetzt damit begonnen, den Wald zu diversifizieren. In den letzten zwei Jahren konnte ich eigenhändig mehr als 1500 Bäumchen pflanzen, um so einen Mischwald zu entwickeln. Das ist bei uns in der Obersteiermark noch sehr ungewöhnlich. Und ich habe den Wald inzwischen auch erweitert und kann jetzt einen Buchenwald mein Eigen nennen. Die Waldpflege ist schon ein willkommener Ausgleich zu meiner Geschäftsführertätigkeit und zudem für die Natur und mich ganz persönlich eine äußerst nachhaltige Angelegenheit.

 


 

Titelbild: Florian Thoss für Steinbeis Papier

 


Autor/-in

Benjamin Seibring

Benjamin Seibring ist Redakteur für die Bereiche Lifestyle und Mobilität. Er interessiert sich zudem für Kulturthemen mit den Schwerpunkten Musik, Film und Medienanalyse.

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