Ökologie & Gesellschaft

Unser Umgang mit Wasser

Öl auf der Wasseroberfläche ist zwar ein dynamisches Kunstwerk, macht jedoch leider eine erschreckend große Menge Wasser nicht nur ungenießbar, sondern sogar gefährlich. Foto: Ante Hamersmit/Unsplash

21.02.2021 - Wasser ist eine essenzielle Ressource und ein Menschenrecht. Dass wir mit ihr wie mit jeder anderen Ressource mit Bedacht umgehen sollten, vergessen wir aus zwei Gründen häufig: 1. Unsere Wasserversorgung im Land funktioniert ausgezeichnet. Wir wissen nicht, wie es ist, kein sauberes Wasser zu unserer ständigen Verfügung zu haben. 2. Wir leben auf dem „blauen Planeten“, dessen Oberfläche zu 71 Prozent von Wasser bedeckt ist. Doch davon sind rund 97 Prozent Salzwasser, drei Prozent Süßwasser – und hiervon wiederum nur ein Prozent direkt verfügbares Trinkwasser. In diesem Beitrag geht es darum, wie wir Wasser verbrauchen und wie wir sorgsamer mit dieser Ressource umgehen können.

Neben Dänemark hat Deutschland den geringsten Wasserverbrauch im Vergleich der Industrieländer. Der Pro-Kopf-Verbrauch hierzulande beträgt 125 Liter täglich. Das liegt nicht unbedingt an unserer sparsamen Natur, auch wenn diese bestimmt eine Rolle spielt: Denn Wasser kostet bei uns – und übrigens genauso in Dänemark – auch mehr als in den anderen Industrieländern. Doch vor allem haben wir eine Infrastruktur für Wasser geschaffen, bei der wenig verloren gehen kann. Dank dichter Leitungen ist dieser Kreislauf überaus effizient. Unsere gesamte Kanalisation erstreckt sich über mehr als eine halbe Million Kilometer. Zu einem effizienten Wasserkreislauf gehört auch, dass wir unser Wasser „recyceln“, es wiederaufbereiten.

Im europäischen Vergleich sind wir dabei Spitzenreiter und kommen auf eine Wiederaufbereitungsquote von 96 Prozent für private Haushalte und öffentliche Einrichtungen. Laut Wasserhaushaltsgesetz (WHG) darf Abwasser auch niemals ungeklärt in Flüsse und Seen geleitet werden, ganz egal woher es kommt – das gilt für die Großindustrie genauso wie für Unternehmen und Haushalte. Mit schmutzigem Wasser ist natürlich sowieso nichts anzufangen, bleibt also nur eins: die Reinigung in einer der zahlreichen Kläranlagen. Dort müssen alle enthaltenen Schadstoffe so weit reduziert werden, wie der Stand der Technik es ermöglicht. Und die Technik ist dieser Tage bekanntlich auf einem sehr guten Stand. Deswegen können unsere etwa 10.000 Kläranlagen pro Jahr gute 10,07 Milliarden Kubikmeter Abwasser reinigen – 0,1 Prozent mechanisch,  1,9 Prozent biologisch ohne gezielte Nährstoffentfernung, die übrigen 98 Prozent biologisch mit gezielter Nährstoffentfernung. Über eine eigene vollbiologische Kläranlage verfügt übrigens auch die Papierfabrik von Steinbeis, mehr dazu erfahren Sie hier.

Klärungsbedarf

Bedeutet das, wir müssen vielleicht gar nicht so umsichtig mit unserem Wasser sein, da es ohnehin immer wieder gereinigt und zurück in den Kreislauf geschleust wird? Ist es möglicherweise ausreichend rücksichtsvoll, den Klärwerken das Leben nicht unnötig schwer zu machen, indem man Dinge wie Arzneimittel und Wandfarbe sachgerecht entsorgt, anstatt sie in die Toilette zu kippen? Wie so oft kann es so simpel auch wieder nicht sein. Also – wir müssen potenziell schädliche Substanzen wie die eben genannten unbedingt korrekt entsorgen, so viel ist sicher. Ein Liter Mineralöl kann zum Beispiel eine Million Liter Wasser ungenießbar machen, und auch ein Klärwerk muss sich ganz schön anstrengen, um das wieder in Ordnung zu bringen. Und wenn wir während der gesamten zwei Minuten Zähneputzen den Wasserhahn laufen lassen, ist das ein winziger Akt der Ignoranz, den wir zu Recht mit Geld kompensieren müssen.

Gleichzeitig sollte uns bewusst sein, dass wir als Privatpersonen beim Thema Wasserverbrauch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Wir brauchen wenig Wasser. Das meiste benötigt die Wirtschaft, hauptsächlich die Landwirtschaft. Und vor allem dort ist umsichtiges Handeln gefragt. Unsere Böden, oder genauer Bodenschichten, sind zwar ebenfalls sehr kompetente Wasserreiniger, sie können mit Schadstoffen aber natürlich noch viel weniger anfangen als die eigens zu diesem Zweck gebauten Klärwerke. Es ist deswegen sehr wichtig, den Böden nichts zuzuführen, mit dem sie nicht selbstständig fertig werden. Ein konkretes Beispiel dafür ist die zurückhaltende Verwendung von Dünger auf Feldern. Der größte Teil unseres Trinkwassers stammt nämlich aus dem Grundwasser.

Keine Sorge – das wird ebenfalls gereinigt. Darin liegt der Unterschied zwischen der Quelle auf dem Wanderweg mit dem kleinen Schild, auf dem „Kein Trinkwasser“ steht, und der Sprudelflasche zu Hause, die „natürliches Quellwasser“ enthält. Doch je nach Schwere und Art der Verunreinigung und vor allem, wenn Chemikalien, Pestizide und Ähnliches im Spiel sind, ist es wahnsinnig aufwendig und teuer, das Wasser wieder auf ein gesundheitlich unbedenkliches Niveau zu reinigen. Es sollte auch überhaupt nicht notwendig sein, denn der Boden ist eigentlich die beste Reinigungsanlage. Wir halten fest: Das gesamte Wasser, auf das wir zugreifen können, ist von hervorragender Qualität. Doch das ist mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden und bedeutet daher nicht, dass wir sorglos mit diesem Thema umgehen können.

Wasser sparen im Alltag

Wir wissen nun auch: Unser Wasserkreislauf ist sicher und verlässlich, und wir verbrauchen vergleichsweise wenig davon – anders, als man vielleicht vermuten könnte, sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch sogar, weil die Infrastruktur laufend optimiert wird. Der Wasserverbrauch hängt also nicht gerade davon ab, ob wir uns jede Woche ein Schaumbad genehmigen. Oder etwa doch? Wofür brauchen wir eigentlich wie viel Wasser? Sehen wir uns dazu eine Statistik an:

Demnach macht das Schaumbad innerhalb des privaten Wasserverbrauchs tatsächlich den größten Teil aus. Wer den eigenen direkten Wasserverbrauch senken möchte, kann folgende Dinge beachten: Hände mit kaltem Wasser waschen, duschen statt baden, eine sparsame Toilettenspülung installieren, Spül- und Waschmaschine möglichst voll laufen lassen, Durchflussbegrenzer an Wasserhähnen anbringen. Schon bei kurzer Auseinandersetzung mit dem Thema fallen den meisten viele weitere Möglichkeiten ein.

Den direkten Wasserverbrauch können wir selbst gut überblicken, was aber ist mit dem indirekten? Was ist mit dem Wasser, das für die Produktion unserer Lebensmittel, Kleidung und Alltagsgegenstände verbraucht wird? Wenn wir dieses indirekte Wasser miteinbeziehen, kommen zu den 125 Litern pro Person und Tag etwa 3900 Liter hinzu. Wir sprechen dabei von sogenanntem virtuellen Wasser und dem Wasserfußabdruck, der in seiner Berechnung dem CO₂-Fußabdruck ganz ähnlich ist.

Virtuelles Wasser

Die Theorie von virtuellem Wasser lässt sich schnell zusammenfassen, auch wenn ihr komplexe Zusammenhänge zugrunde liegen: Es ist das gesamte Wasser, das ein bestimmtes Produkt für seine Fertigung oder Entstehung benötigt, inklusive Transport. Das virtuelle Wasser kann unmöglich genau berechnet werden, die Schätzwerte werden jedoch durch fortlaufende Studien zunehmend genauer. Dabei spielt es wohlgemerkt keine Rolle, woher das Wasser kommt, ob aus einer Kumuluswolke oder dem Klärwerk. Damit Sie eine Vorstellung von den Mengen für virtuelles Wasser bekommen, hier ein paar Zahlenbeispiele: Eine Orange braucht 50 Liter. Eine Jeanshose 6.000 Liter. Ein Kilogramm Rindfleisch aus heimischer Haltung 16.000 Liter.

Diese Zahlen hätte vermutlich kaum jemand ohne Vorkenntnisse geschätzt, doch ihre Reihenfolge erscheint logisch. Für die Erzeugung einer Orange muss nur der Baum bewässert werden, an dem sie hängt. Sie muss geerntet und zur Verkaufsstelle transportiert werden. Der Wasserfußabdruck einer Orange aus Spanien ist hier demnach kleiner als der von einer Orange aus Südafrika. Bei der Jeans rechnen wir die Baumwolle – eine sehr durstige Pflanze –, deren Verarbeitung zu Denim, Färbung, Weiterverarbeitung des Stoffs zur Hose und den Transport. Die Produktion von Fleisch verbraucht generell viel Wasser, weil dafür ein Tier über sein gesamtes kurzes Leben gefüttert, getränkt und untergebracht werden muss. Hinzu kommen Schlachtung, Weiterverarbeitung, Verpackung und Transport. Uns interessiert natürlich auch, wie viel virtuelles Wasser in einem Blatt Papier verborgen ist. Die Antwort ist: Es kommt ganz darauf an. Ein Blatt Frischfaserpapier braucht gut 250 Milliliter, eine Packung mit 500 Blatt also rund 130 Liter. Ein Blatt Papier von Steinbeis benötigt 4 ml. 500 Blatt von Steinbeis rund 22 Liter. Welches Papier Sie verwenden, macht also einen großen Unterschied in Sachen virtuelles Wasser aus – 83 Prozent, um genau zu sein.

 

Wasser sparen im Alltag 2

Vor diesem Hintergrund haben wir deswegen eine zweite Liste mit Tipps für die Einsparung von Wasser erstellt, die das virtuelle Wasser berücksichtigt. Ein positiver Nebenaspekt ist dabei, dass die meisten Tipps gleichzeitig den CO₂-Fußabdruck verkleinern.

  1. Regional, saisonal, biologisch und fair einkaufen.
  2. Leitungswasser trinken.
  3. Eine überwiegend pflanzliche Ernährung, kein Wegwerfen von Lebensmitteln.
  4. Konventionelles Plastik und konventionelles Papier aus Frischfaser meiden.
  5. Kleidung tragen, bis sie kaputt ist, oder weitergeben.
  6. Auf das Auto verzichten, so oft es geht.
  7. Gesamtkonsum reduzieren.

Bei den Hinweisen sollten Sie außerdem die regionalen Kontexte im Hinterkopf behalten. Fragen Sie sich einfach: Kommt das Produkt aus einer wasserarmen oder wasserreichen Region? Wie sind die sozialen Bedingungen dort? Auf diesem Weg gelangen Sie schnell zu einer Tendenz, die Ihnen bei Ihren Entscheidungen hilft. Abschließend möchten wir Ihnen einen schönen Fakt zum Thema Wasser in Erinnerung rufen: Wir sprechen immer davon, das Wasser zu „verbrauchen“. Aber das können wir genau genommen gar nicht, das Wasser ist ja nicht weg, wenn wir es benutzt haben. Es bleibt immer im Wasserkreislauf der Erde, ob flüssig, gefroren, gasförmig oder auch als Lebensabschnittsgefährte der vorhin erwähnten Orange. Unsere Aufgabe ist es nur, das Wasser zu schützen, indem wir es sauber halten, und es gerechter auf der Welt zu verteilen.

 

Titelbild: Tom Rogers/Unsplash


Autor/-in

Isabella Bigler

Isabella Bigler ist Redakteurin und Texterin. Hier schreibt sie über nachhaltige Themen, die Vergangenheit und die Zukunft – gelegentlich mit Unterstützung ihrer engagierten Interns Lumen Nguyen und Liam Jennings.

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