Unternehmen

Sicherheit geht vor!

Menschen arbeiten an schweren Maschinen – Arbeitssicherheit ist deshalb ein zentrales Thema bei Steinbeis Papier. Immer wieder werden Arbeitsabläufe daraufhin überprüft und gegebenenfalls Anpassungen zum Gesundheitsschutz vorgenommen. Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier, Florian Thoss für Steinbeis Papier

18.07.2023 - Nachhaltigkeit bei Steinbeis Papier gilt nicht nur für die Produkte, sondern auch für die Arbeitsbedingungen beim Recyclingpapierhersteller. Ein Grundpfeiler dafür ist ein ausgeprägtes Verständnis für Arbeitssicherheit. Seit Februar dieses Jahres kümmert sich Luisa Egge um den sensiblen Bereich. Im Interview erklärt die Arbeitssicherheitsfachkraft, wie sie zu ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gekommen ist, warum Networking hier unabdingbar ist und was eine Kultur der Arbeitssicherheit in einem Unternehmen wie Steinbeis Papier ausmacht.

 

Wie sind Sie zur jetzigen Position als Arbeitssicherheitsfachkraft bei Steinbeis Papier gekommen?

Meine Wurzeln liegen in der Maschinenführung. In diesem Bereich habe ich vor 13 Jahren meine Ausbildung gemacht und über einen langen Zeitraum eine Sensibilität für Arbeitssicherheit entwickelt. Mit dieser Erfahrung konnte ich mich für meine neue Rolle qualifizieren, da hier jemand gesucht wurde, der das Unternehmen und seine Produktionsprozesse sehr gut kennt. Als Arbeitssicherheitsfachkraft nehme ich jetzt vor allem eine beratende Funktion ein, die über alle Hierarchien hinweg agiert. Ich bin die primäre Ansprechpartnerin für mehr als 370 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Steinbeis Papier, Steinbeis Energie und AP Concept.

Auf dem Werksgelände in Glückstadt herrscht immer reger Verkehr. Arbeitssicherheit bedeutet hier vor allem die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung, Warnwesten zu tragen und über entsprechende Führerscheine für schwere Maschinen zu verfügen. Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier, Florian Thoss für Steinbeis Papier

Warum ist Ihnen das Thema Arbeitssicherheit so wichtig?

Arbeitssicherheit gerät oftmals aus dem Fokus, wenn Effizienz in der Produktion gefragt ist. Diese Arbeitsphilosophie muss aber vom Geschäftsführer bis zum Mitarbeitenden und von einem selbst immer wieder hinterfragt werden. Physische wie psychische Gesundheit spielen in die Komplexität der Arbeitssicherheit hinein. Auf seine Kolleginnen und Kollegen und sich selbst zu achten und entsprechende Leitlinien einzuhalten, muss allerdings erst mal erlernt werden. So wurde auch mein Interesse für das ganze Thema geweckt.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Wie so viele Kolleginnen und Kollegen checke ich morgens meine Mails. Und da finde ich dann Anfragen aus unterschiedlichsten Abteilungen. Dann wird meine Expertise, eine Risikoabschätzung oder Gefährdungsbeurteilung eingefordert. Recherchetätigkeiten gehören auch zu meinem Jobprofil – mit der Initialisierung unseres Sondersortenstrangs kamen natürlich auch Fragen der Sicherheitsvorschriften auf. Die habe ich dann erarbeitet und an die entsprechenden Fachabteilungen weitergeleitet.

Wie werden Sie in Ihrer Rolle als Arbeitssicherheitsfachkraft unterstützt?

Ich habe einige Portale, über die ich mir das Fachwissen heranziehen kann. Weiter steht mir auch eine Beratungsfirma zur Seite, die mich über die neuesten Anpassungen in den Regelwerken zur Arbeitssicherheit informiert. Die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) ist der gemeinsame Spitzenverband für die neun gewerblichen Berufsgenossenschaften und die 24 Unfallkassen. Er informiert mich auch regelmäßig über Änderungen in den Sicherheitsrichtlinien, die Steinbeis betreffen können.

Wo liegen besondere Gefahrenpotenziale bei Steinbeis Papier?

Gefahrenpotenziale in einem Industrieunternehmen gestalten sich mannigfaltig. In unserer Produktion gibt es beispielsweise die Vortrockenpartie, in der das Papier getrocknet wird. An diesem Arbeitsplatz muss mit hohen Temperaturen umgegangen werden. Aus der Gefährdungsbeurteilung geht unter anderem hervor, dass man lange Kleidung tragen muss, um Verbrennungen zu verhindern. Dehydrierung ist hier auch ein Thema, denn an einem heißen Arbeitsplatz muss viel getrunken werden. Diese Regelungen gelten dann für alle, die in diesem Arbeitsumfeld agieren – das ist dann nicht nur der Papiertechnologe, das können auch Schlosser oder Elektriker sein, die in diesen Gefahrenbereich kommen. Ein gutes Beispiel ist auch der Stapler-, Radlader- und Lkw-Verkehr, der auf dem Steinbeis-Gelände in Glückstadt in hoher Frequenz stattfindet. Er bedeutet auch ein hohes Gefahrenpotenzial. Als Konsequenz ist eine Warnweste in diesen Bereichen Pflicht, und es werden spezielle Führerscheine für die Bedienung dieser Fahrzeuge ausgestellt.

Welche Sicherheitsverfahren wurden bei Steinbeis Papier implementiert, um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten?

Für eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz und an Maschinen, sowohl bezüglich physischer als auch psychischer Belange, hangeln wir uns an einer Maßnahmenhierarchie entlang. Ganz oben steht die Beseitigung eines Gefahrenpotenzials wie etwa Lkws auf dem Gelände. Sollte dies nicht möglich sein, erwägt man eine Ersatzoption oder eine andere technische Lösung. Ein Beispiel ist der Ort, an dem die Palettenware mit unseren Büropapieren gelagert wird. Dieses Palettenlager ist mittlerweile voll automatisiert. Hier kommt kein Gabelstaplerfahrer zum Einsatz, um einzelne Paletten zu verladen. Das erledigt das robotergesteuerte Hochregallager ohne menschliches Zutun selbst. Anders als gedacht, werden Lageristinnen und Lageristen nicht durch die Maschine ersetzt, vielmehr hat sie eine unterstützende Funktion und minimiert die Gefahren.

Um Gefahrenprävention effektiv zu gestalten, wird bei Steinbeis das Prinzip einer Maßnahmenhierarchie angewandt: Können Gefahren beseitigt werden? Gibt es Ersatzoptionen? Oder muss der Schutz optimiert werden? Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier, Florian Thoss für Steinbeis Papier

Wie tragen Sie dazu bei, dass diese Richtlinien und Verfahren eingehalten werden?

Durch meine Rundgänge und den ständigen Austausch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermittle ich, dass Arbeitssicherheit fortan einen hohen Stellenwert in der Unternehmenskultur erfährt. Mir ist es wichtig, dass jede und jeder für sich und seine Gesundheit Verantwortung übernimmt und sich auch dieser Verantwortung jederzeit bewusst ist. Ich nehme mir für jede noch so kleine Frage Zeit und versuche durch kurze Gespräche, die Bedarfe abzuholen und mich von den guten Ideen der Kolleginnen und Kollegen für neue Lösungsansätze zu inspirieren. Als Richtlinie formuliert, kann ich die Neuerungen mit Fachbereichsleitern und Vorgesetzten besprechen und entsprechend implementieren. Dass Ideen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört und entsprechend umgesetzt werden, bedeutet auch zusätzliche Motivation und eine Stärkung der Arbeitsmoral.

Wie identifizieren Sie potenzielle Risiken in Bezug auf die Arbeitssicherheit?

Wenn wir beispielsweise eine neue Anlage in Betrieb nehmen, muss auch eine Gefährdungsbeurteilung vorliegen. Hierfür interviewe ich die Führungskräfte, um zu erfahren, welche Tätigkeiten dort anstehen und welche neuen Aggregate in der Maschine zum Einsatz kommen. So bündeln wir hier das Know-how der Führungskraft und meine als Sicherheitsfachkraft, um mögliche Gefahrenpotenziale in der täglichen Arbeit mit der Maschine zu identifizieren. In einem Dreiklang entstehen die besagte Gefährdungsbeurteilung, eine Betriebsanweisung und eine entsprechende Unterweisung. 

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Risiken zu reduzieren oder zu vermeiden?

Ein Beispiel hierfür: In der Altpapieraufbereitung setzen wir Natronlauge ein. Diese läuft durch Pumpen und Rohrleitungen, die auch mal reißen oder platzen können. Sollte jetzt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in diesem Moment unterhalb entlanglaufen, kommt sie/er mit der Natronlauge unfreiwillig in Kontakt. Entsprechend der beschriebenen Maßnahmenhierarchie stünde jetzt als Konsequenz ein Ersatzstoff für Natronlauge an. Wenn kein Ersatz für Natronlauge gestellt werden kann, dann ist vor der Verordnung von Schutzkleidung eine andere Stufe zu berücksichtigen. Ergo haben wir die Ventile mit Plexiglasscheiben geschützt, damit auslaufende Natronlauge bei Materialermüdung effektiv aufgehalten wird.

Gerade die jüngere Generation bei Steinbeis Papier soll sich intensiver mit dem Thema Arbeitssicherheit auseinandersetzen. Luisa Egge sieht hier große Potenziale für die Zukunft. Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier, Florian Thoss für Steinbeis Papier

Wie werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf das Thema Arbeitssicherheit geschult?

Für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir eine erste allgemeine Sicherheitsunterweisung, die sowohl jene betrifft, die im Büro tätig sind, als auch die, die in der Produktion anfangen. Jährliche Pflichtunterweisungen durch unsere ISO-Zertifizierung umfassen Bereiche wie das Managementsystem oder den Brandschutz. Weiter gibt es Unterweisungen in Abhängigkeit von Gefahren. Das kann für Büromitarbeitende so etwas Banales wie die Nutzung des Handlaufs im Treppenhaus sein. In der Produktionsanlage müssen die Meister in den verschiedenen Bereichen ihre Mitarbeitenden in weitaus differenzierteren Sicherheitsvorschriften unterweisen. Für unsere Azubis wollen wir das Thema Arbeitssicherheit auch noch mal auf ein neues Level heben und auch moderner aufbereiten – beispielsweise in Quizform oder eventuell via Kurzvideos.

 

Welche Kooperationen gibt es im Unternehmen, um die Arbeitssicherheit zu verbessern?

Es gibt verschiedene Zusammenkünfte. Ich organisiere quartalsweise Treffen mit unseren 65 Sicherheitsbeauftragten, die in allen Bereichen vertreten sind. Dort informiere ich über übergeordnete Maßnahmen. Und die Kolleginnen und Kollegen tragen mir ihre Anliegen bezüglich der Sicherheitsoptimierung vor. Am wichtigsten ist aber, dass die Abteilungen sich auch untereinander austauschen. Denn oft kommt es vor, dass eine Abteilung bereits Verbesserungsmaßnahmen ergriffen hat und eine andere entsprechend diese für ihren Bereich adaptieren kann. Sechsmal im Jahr gibt es dann noch den Arbeitssicherheitsausschuss mit den Geschäftsführern, Bereichsleitern und eventuell auch Kolleginnen und Kollegen aus den Abteilungen. Mit dabei sind auch der Betriebsrat, die Personalabteilung und unsere Betriebsärztin. Dort stimmen wir uns zu Projekten ab, die zeitnah anlaufen sollen.

Welche Ziele haben Sie für die zukünftige Verbesserung der Arbeitssicherheit bei Steinbeis Papier?

Ich will die gesamte Belegschaft gleichermaßen motivieren, sich mit dem Thema Arbeitsschutz stärker auseinanderzusetzen und sich dafür zu begeistern. Letztendlich ist es mein Ziel, mit unterschiedlichsten Maßnahmen die Unfallzahlen mittelfristig auf ein Minimum zu reduzieren und langfristig auf den Wert null zu setzen. So sehe ich einen nachhaltigen Arbeitsschutz.

 


Titelbild: Steinbeis Papier

 


Autor/-in

Benjamin Seibring

Benjamin Seibring ist Redakteur für die Bereiche Lifestyle und Mobilität. Er interessiert sich zudem für Kulturthemen mit den Schwerpunkten Musik, Film und Medienanalyse.

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