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Der „Big-Family-Charakter“ überzeugt

Dr. Markus Rudersdorf und sein Team haben vor allem eine Servicefunktion bei Steinbeis Papier. Sie stellen den anderen Gewerken Auswertungen, Kennzahlen und finanzielle Ressourcen bereit, damit diese erfolgreich arbeiten können. Foto: AlphaTradeZone/Pexels

23.11.2021 - Steinbeis Papier steht vor enormen Herausforderungen. Altpapier als Ressource wird immer knapper und teurer. Alternative Ersatzstoffe, neue Methoden zur Aufbereitung anderer Altpapierqualitäten und die Finanzierung einer nachhaltigen Zukunft – all das sind Themen, mit denen sich Dr. Markus Rudersdorfder neue Bereichsleiter Finanzen, Rechnungswesen und Controlling bei Steinbeis Papier, auseinandersetzt. Im Interview verrät der 55-Jährige, warum er sich für ein mittelständisches Familienunternehmen als neue Wirkungsstätte entschieden hat und welche Agenda er für den Recyclingpapierhersteller verfolgt.

Seit Sommer 2021 sind Sie Teil des Teams von Steinbeis Papier. Was war ausschlaggebend für Ihr Engagement beim Recyclingpapierhersteller?

Schon 2018 ist die Entscheidung in mir gereift, mich noch mal beruflich umzuorientieren. Im Frühjahr 2021 habe ich mitbekommen, dass Steinbeis Papier einen neuen Bereichsleiter für Finanzen, Rechnungswesen und Controlling sucht. Ich habe mich dann gefragt, ob ich hier für mich eine Perspektive sehe. Man muss wissen, bei Steinbeis Papier fungiert Nachhaltigkeit nicht als Feigenblatt, Nachhaltigkeit ist Teil der Unternehmensphilosophie. Das war dann ausschlaggebend, dass ich meinen Hut in den Ring geworfen habe.

Sie sind ja nicht branchenfremd zu Steinbeis Papier gekommen. Mit welchem Wissen konnten Sie sich dann Ihrem neuen Arbeitsplatz nähern?

Steinbeis Papier setzt hinsichtlich des Marketings und der Platzierung der Produkte eine Benchmark. Seit 1996 befasse ich mich sehr intensiv mit der Papierindustrie, in die ich dann auch 2011 gewechselt bin. Das Unternehmen war mir schon damals durchaus ein Begriff und auch sehr präsent. 

Was fasziniert Sie an dem Konzept der Kreislaufwirtschaft mit dem Ergebnis von nachhaltigen Recyclingpapieren?

Die hohe Kompetenz in der Altpapieraufbereitung zeigt, dass hier Produkte hergestellt werden, die mit Frischfaserprodukten konkurrieren können. Steinbeis Papier praktiziert Kreislaufwirtschaft, wie sie sein soll, und unterstreicht mit seinen hervorragenden Produkten im Bereich der grafischen Druck- und Kopierpapiere seine Marktführerschaft. 

Welche ersten Eindrücke konnten Sie bei Steinbeis Papier bislang gewinnen?

Der Big-Family-Charakter ist hier am Standort in Glückstadt ganz klar zu spüren. Besonders motivierend ist, dass es eine enorme Entscheidungsfreudigkeit gibt. Die Identifikation mit dem Nachhaltigkeitsgedanken und den Produkten ist sehr ausgeprägt. Die Mitarbeiter:innen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Zudem wird eine Fehlerkultur auch zugelassen, um in offenen Gesprächen Optimierungsprozesse anzuschieben. Das empfinde ich schon als sehr angenehm und positiv.

Noch sind die Altpapierlager bei Steinbeis Papier gut gefüllt. Doch die Ressource wird immer knapper und begehrter. Investitionen in neue Methoden zur Aufbereitung alternativer Altpapiersorten stehen auf der Agenda des Recyclingpapierherstellers. Fotos: Florian Thoss für Steinbeis Papier

Schildern Sie kurz Ihre Rolle bei Steinbeis Papier.

In erster Linie ist unser Bereich Finanzen und Controlling – mit mir eingeschlossen zwölf Mitarbeiter:innen – von einem starken Servicecharakter geprägt. Die Finanzbuchhaltung ist zudem das Rechnungswesen-Center für die meisten Gesellschaften der Steinbeis Gruppe. Wir bereiten entsprechende Daten auf, damit unternehmerische Entscheidungen auf Basis dieser getroffen werden können. Anschließend stellen wir die nötige Liquidität und Ressourcen bereit. In unserer Arbeit als Ratgeber sind wir stark mit anderen Abteilungen verzahnt. Deshalb befinde ich mich vorwiegend in Abstimmungsprozessen mit den anderen Bereichsleitern wie beispielsweise aus der Produktion oder dem Vertrieb. Es findet zudem ein ständiger Austausch mit der Geschäftsführung statt. 

Inwiefern bestimmen neue Technologien verbunden mit künstlicher Intelligenz schon jetzt Ihren Arbeitsalltag?

Im Bereich Controlling bekommen wir täglich eine beachtliche Datenflut zugespielt. Die Herausforderung besteht darin, wie wir diese Datenmengen reduzieren, um die entscheidungsrelevanten Daten auch tatsächlich herauszuarbeiten. Genau das ist eben auch mein Auftrag – hier eine Komplexitätsreduktion herbeizuführen. Wir werden jetzt und in Zukunft das Technologie-Design so anpassen, dass die Menge an Daten adressatengerecht gefiltert werden kann. Hier wird KI eine gravierende Rolle spielen.

In welchem Verhältnis steht Nachhaltigkeit zu Wirtschaftlichkeit?

Nachhaltigkeit geht nicht ohne Wirtschaftlichkeit. Letzten Endes sind wir ein Wirtschaftsunternehmen. Wir stehen im täglichen Wettbewerb mit Produzenten von Frischfaserpapier. Und tatsächlich schauen auch Großkunden wie Magazin-Herausgeber zunächst auf den Preis. Doch vermehrt gibt es Kund:innen, die Papier mit unserem Nachhaltigkeitsanspruch nachfragen. Sie wollen bei ihren Produkten auf Basis von Steinbeis Recyclingpapier glaubhaft ihr ganz eigenes Image der Nachhaltigkeit vermitteln.

Magazinpapiere sind ein wichtiges Produktfeld für Steinbeis Papier. Und es soll weiter in den Ausbau der Produktionstechnologie dieser Kompetenz und auch anderer, neuer Produktgruppen investiert werden. Fotos: Charisse Kenion/Unsplash, Florian Thoss für Steinbeis Papier

Wie sehen Sie die Herausforderungen mit der Ressourcenknappheit bei Altpapier?

Altpapier wir derzeit in Preisen gehandelt, die man sich vor 18 Monaten nicht hätte vorstellen können. Und Altpapier ist eine weltweit gehandelte Ressource. Zudem ist seit circa 2005 die Nachfrage nach grafischen Papieren rückläufig und die nach braunen Verpackungspapieren stark ansteigend. Das führt natürlich dazu, dass die Altpapierqualitäten, die wir brauchen, schwerer zu beschaffen sind. Insofern investiert Steinbeis Papier auch in eine neue Anlage, um andere Altpapierqualitäten für die Produktion von weißen, grafischen Papieren erschließen zu können.

Wie sieht Ihre Agenda für Steinbeis Papier aus?

In der Buchhaltung wird das Thema Digitalisierung voranschreiten. Weiter stehen bis 2025 nachhaltige Investitionen in den Standort Glückstadt an. Im Controlling wollen wir kürzere Planungsintervalle etablieren. Absatzpreis, Absatzmenge, Energiekosten und Altpapierkosten – das sind die Werttreiber, die immer stärker und in immer kürzerer Zeit variieren. Hier müssen wir in der Lage sein, schnell Szenarien zu entwickeln.  

In welche Bereiche muss Steinbeis Papier investieren, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und in Sachen Nachhaltigkeit weiterhin eine Benchmark zu setzen?

Als energieintensives Industrieunternehmen legen wir den Fokus darauf, weiter in regenerative Energien zu investieren. So wollen wir auch in Zukunft unserem ganz eigenen Nachhaltigkeitsanspruch gerecht werden. Im Bereich der nachgelagerten Wertschöpfungskette gibt es Optionen ausgehend von den Magazinpapieren, die es weiter auszubauen gilt. Weiter wollen wir uns stärker mit neuen Produkten diversifizieren. Deshalb werden wir hier auch Investitionen in den Um- und Ausbau der Produktion tätigen. 

Ist Recyclingpapier nach wie vor ein wirtschaftliches Erfolgsmodell?

Absolut. Solange es papierbasierte Werbung gibt, wird die Frage nach dem CO2-Fußabdruck des eingesetzten Produkts immer entscheidender. Die Erfolgsgeschichte von Recyclingpapier setzt sich weiter fort, denn das haptische Erlebnis bei diesem Produkt begeistert nach wie vor ‒ und das generationenübergreifend.

 

Titelbild: Steinbeis Papier


Autor/-in

Benjamin Seibring

Benjamin Seibring ist Redakteur für die Bereiche Lifestyle und Mobilität. Er interessiert sich zudem für Kulturthemen mit den Schwerpunkten Musik, Film und Medienanalyse.

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